Ich bin eine Verliererin – und das gerne!

Datum
03.04.2024

Ich bin eine Verliererin – und das gerne!

Abschiede sind Tore in neue Welten, das wusste schon Einstein. Durch so ein Tor gehen schon bald Tamara Rizoska und ihre Klassenlehrerin Xenia Hofer. Nach drei Jahren trennen sich ihre Wege. Die Schülerin beginnt ihre Lehre als Plattformentwicklerin bei der Bedag. Lehrerin Hofer übernimmt wieder eine neue 7. Klasse. Wie geht es den beiden dabei?

Xenia Hofer ist Lehrerin mit Leib und Seele, und das schon seit 12 Jahren. Zuerst Primarstufe, jetzt Oberstufe. Die Klasse 9i in der Schule Lyssbach in Lyss, um genau zu sein. «Hier bin ich angekommen, es passt einfach. Zu den etwas älteren Schülerinnen und Schülern finde ich den Draht besser. Sie sind in einer besonders spannenden Lebensphase, die Beziehungsarbeit ist intensiver und wir reiben uns schon auch mal. Das macht das Ganze anspruchsvoll und herrlich lebendig.»

Eines der Fächer in der Oberstufe: Berufsorientierung. In der 7. Klasse beginnt es mit der Auseinandersetzung mit den eigenen Skills und der Frage, was man dereinst tun will. Zudem übt Hofer mit der Klasse das Erstellen von Bewerbungsdossiers. Im Schuljahr darauf gilt es dann ernst: Die Suche nach dem «richtigen» Job beginnt mit einer Berufswahlwoche und dem Besuch im BIZ, mit Firmenbesichtigungen und Schnupperwochen.

Eng führen.

Das «Erschnuppern» der Berufswelt ist Xenia Hofer wichtig. Und zwar möglichst breit und so oft wie möglich. Da kann sie dann auch richtig streng sein. Sie erstellt Listen mit Lehrstellen, macht Druck, bohrt wo nötig nach und pocht darauf, dass ihre Schützlinge jede sich bietende Gelegenheit zum Schnuppern wahrnehmen. Sie nennt es lakonisch: «Eng führen.» Das kann Tamara Rizoska bestätigen. Die 16-jährige Schülerin von Xenia Hofer hat ihre Traumlehrstelle gefunden. Auch dank ihrer Lehrerin.

Ich werde sie vermissen.

«Eigentlich wollte ich Software-Entwicklerin werden», sagt Tamara. «Beim Schnuppern bei der Bedag habe ich dann aber gemerkt, dass das zu sehr PC-lastig ist. So wurde ich auf die Plattformentwicklung aufmerksam und fühlte mich dort pudelwohl.» Das ist auch der Verdienst der Klassenlehrerin. «Frau Hofer war in dieser Zeit wirklich streng. Ihr war wichtig, dass wir rausgehen und uns auf dem Arbeitsmarkt umschauen. Sie hat sich aber auch sehr viel Zeit genommen, Flyer in die Schule mitgebracht, Türen geöffnet und so einiges mehr.» Für Tamara war es trotzdem keine leichte Zeit. «Ich war überfordert, empfand so manches als mühsam und ich war auch nicht so selbstbewusst. Frau Hofer hat mich immer wieder motiviert und mir Mut gemacht. Und wie bei allen anderen hat sie sich ehrlich gefreut, als es bei mir dann mit der Lehrstelle geklappt hat. Ich werde sie vermissen.»

Durchbeissen.

Noch ist es aber nicht so weit. «No chli biisse» bis zu den Sommerferien ist angesagt. Xenia Hofer freut sich für «Tami», wie sie die junge Mazedonierin nennt. «Tami ist erst seit 5 Jahren in der Schweiz und hat sich wahnsinnig gut entwickelt. Sie ist ein ehrgeiziger Teenager, lernt zum Beispiel so intensiv Englisch, dass ich selber schauen muss, dass ich noch mithalten kann. Sie hat nicht nur gute Noten und ist pflichtbewusst, sondern ist auch beliebt und übernimmt in der Klasse Verantwortung. Für Lehrerin Hofer darum auch nicht so überraschend, dass Tamara am Schluss die Qual der Wahl hatte, welche Lehrstelle sie annehmen sollte. Sie empfahl ihr, auf das Herz zu hören. «Ich verliere Tami nicht gerne. Aber natürlich freue ich mich, dass sie ihren Weg geht. Ich bin stolz auf sie.»

Glück hoch zwei.

Bald öffnen sich nun also die Tore in unterschiedliche Welten. Tamara, die kürzlich mit ihren Eltern am Willkommenstag der Bedag war, ist schon etwas nervös. «Für mich wird wieder alles neu sein. Auch für meine Eltern übrigens. Wie damals, als wir neu in die Schweiz gekommen sind. Ausserdem werde ich das einzige Mädchen in meinem Jahrgang in der Lehre sein. Der Schulstoff macht mir hingegen weniger Angst, da werde ich kaum Mühe haben», sagt sie selbstbewusst. Aber eigentlich ist Tamara vor allem eines, wie sie sagt: «Glücklich.»

Glücklich ist auch Klassenlehrerin Hofer. 20 von 21 Schülerinnen und Schüler haben bereits eine Anschlusslösung. Sie besuchen eine weiterführende Schule oder haben eine Lehrstelle gefunden. Sie gehen in die Pflege, werden Konditor, Koch oder Sanitär-Installateur. Sie machen das KV, gehen in den Detailhandel oder, wie Tamara und ein anderer Schüler, in die Informatik.

Schnuppern ist das Vorzimmer zur Lehrstelle.

Die Skala der Lehrberufe, in welche die Schülerinnen und Schüler nun eintauchen, ist breit. Darum ist es für Xenia Hofer entscheidend, dass die Jungen möglichst oft und in ganz verschiedenen Berufen schnuppern können. Ihr Appel an die Ausbildungsbetriebe: «Ermöglicht das bitte weiterhin im grossen Stil. Denn das Schnuppern ist das Vorzimmer zur Lehrstelle.»

Wir wünschen Tamara einen guten Start und Xenia Hofer weiterhin viel Freude, Energie und Erfolg als Klassenlehrerin. Ein riesiges Dankeschön ihr und allen Lehrerinnen und Lehrern, die sich für die Berufslehre in der Schweiz einsetzen.

Alles rund um das Schnuppern und die Lehrstellen bei der Bedag gibt es hier.

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